57


9 Seiten

Jäger

Romane/Serien · Fantastisches
© schwaen
Licht an, Spot auf Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1):

„Guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren. Ich begrüße Sie bei einer weiteren Sendung unseres Polit- und Gesellschafts-Talks 'New Age'.“

Applaus.

„Unser heutiges Thema wird jedem von Ihnen geläufig sein. Es geht um die immer mehr zunehmenden Verstöße und die Brutalität im Straßenverkehr.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Die zunehmende Zahl an Verkehrsteilnehmern und der mangelnde Ausbau unserer Straßen führt zu immer mehr Engpässen, gerade im Berufsverkehr. Dies bedeutet viel Streß für die Autofahrer. Es bauen sich Aggressionen auf, die sich immer häufiger gegen die anderen Verkehrsteilnehmer richten. Auf Grund mangelnder Überwachung werden diese Aggressionen dann auch ungestraft ausgelebt. Wer von uns hat diese Situationen nicht schon selbst erlebt?“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Die finanzielle Situation der Behörden läßt eine Aufstockung der Polizeikräfte zur Verkehrsüberwachung nicht zu. Daher gilt es, andere Wege zu beschreiten. Wir begrüßen hier den Gouverneur unseres Staates Texas, Mr. Hutchins, der uns mehr von dem als 'Private Verkehrskontrolle' bezeichneten Projekt erzählen wird. Guten Abend, Mr. Hutchins.“

Applaus. Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Guten Abend.“

Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Mr. Hutchins, sie sind erst vor vier Wochen zum Gouverneur von Texas gewählt worden. Eines Ihrer Wahlversprechen ging in Richtung der verschärften Kontrolle von Gesetzesvorgaben. Warum nehmen Sie sich dabei zuerst den Straßenverkehr vor? In anderen Bereichen des täglichen Lebens ist die Situation ja eigentlich ähnlich.“

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Nun, Mrs. Holland, Sie wissen sicherlich, daß gerade im Bereich Straßenverkehr besonders viele Teilnehmer der Meinung sind, sie befänden sich in einem gesetzesfreien Raum. Dies ist, wie Sie ja bereits erwähnten, auch in anderen Situationen der Fall, aber nicht in gleichem Maße. Gerade dem Individualverkehr muß daher unsere vorrangige Aufmerksamkeit gelten. Hier verbirgt sich nicht nur das größte Aggressionspotential der beteiligten Personen, sondern hier sind auch in den letzten Jahren die meisten politischen Fehler gemacht worden. Wir sind nun der Meinung, daß man diese Entwicklung zum Wohle aller ehrlichen und vernünftigen Bürger beeinflussen muß. Daher haben wir als erste Regierungshandlung das Projekt 'Private Verkehrskontrolle' ins Leben gerufen.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Applaus. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Nun, Mr. Hutchins, das hört sich sehr vielversprechend an. Können Sie uns die grundlegenden Prinzipien dieses Konzepts etwas näher erläutern?“

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Im Grunde ist dieses Konzept sehr einfach und angelehnt an die in unserem Lande bewährte Tradition der Kopfgeldjagd. Dies hört sich nun sehr heftig an, ist aber im Grunde ganz harmlos. Wir werden nur einigen Privatpersonen Lizenzen erteilen, gegen gesetzesuntreue Verkehrsteilnehmer vorzugehen und die vollstreckten Bußgelder als Honorar zu behalten. Auf diese Weise erhoffen wir uns einen deutlichen Rückgang der Verstöße und eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in Bezug auf Tempolimits und andere Vorschriften.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Gedämpfter Applaus, leichte Unruhe. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Ich habe das also jetzt so verstanden: statt der Verkehrspolizei wird nun in Zukunft eine Privatperson meinen Verkehrsverstoß ahnden? Wäre es nicht einfacher, die Zahl der staatlichen Polizeistreifen zu erhöhen?“

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Ja, Mrs. Holland, so erscheint es im ersten Augenblick. Doch Sie wissen selbst, wie angespannt die finanzielle Situation in diesem Bundesstaat ist. Wir haben von unseren Vorgängern nicht nur Rosen hinterlassen bekommen.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Gelächter. Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Eine Aufstockung der Verkehrspolizei verursacht ja nicht nur Kosten für die tatsächlich zusätzlich eingestellten Beamten, nein, sie bedingen auch weitere Mitarbeiter in der Verwaltung. Allein durch den Anstieg der Bußgeldverfahren werden doppelt soviel Verwaltungsangestellte wie Streifenpolizisten benötigt. Der zusätzliche Aufwand kann durch die eingetriebenen Gelder bei weitem nicht aufgefangen werden. Was spricht also dagegen, die Überwachung dieser im Grunde nur leichten Delikte in die Hände von ausgewählten Privatpersonen zu legen und damit schnell und unbürokratisch eine Verbesserung der Verkehrssicherheit zu erreichen?“

Applaus. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Nun, Mr. Hutchins, das hört sich ja alles sehr gut an. Aber wie wollen Sie verhindern, daß die von Ihnen angesprochenen lizensierten Verkehrsüberwacher im Sinne Ihrer eigenen Einnahmen bei manchen Dingen nicht einfach etwas nachhelfen beziehungsweise das Gesetz zu Ihren Gunsten etwas großzügiger Auslegen?“

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Nun, Mrs. Holland, wir sind natürlich nicht so naiv, wie sie uns hier darstellen wollen.“

Gelächter.

„Natürlich sind wir uns dieser Problematik voll bewußt. Daher werden nur ausgewählte, völlig vertrauensvolle Bürger an diesem Projekt teilnehmen. Und selbstverständlich müssen Sie Beweise für jeden geahndeten Verkehrsverstoß vorlegen können. Wir haben dafür die bereits bestehende Polizeitechnik etwas modifiziert, so daß wir eine unfehlbare Überwachung der 'privaten Verkehrskontrolleure' garantieren können.“

*

„Lovell, in mein Büro, sofort.“
Türenknallen.
„Verdammt, Lovell. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen sich etwas zurückhalten nach den letzten Ereignissen. Und was machen Sie? Sie treten diesem beschissenen Dealer den Schädel ein, vor neutralen Zeugen.“
„Sorry Chef, da sind die Pferde mit mir durchgegangen.“
„Tja, Lovell, diesmal wird es nicht mit einer Entschuldigung getan sein. Der Mann hat einen Schädelbasisbruch. Falls er je wieder aufwacht, und ich betone: falls, wird es sich um ein sabberndes Wrack handeln.“
„Hat es dieser Abschaum anders verdient?“
„Natürlich haben Sie recht, Lovell. Das wissen wir alle. Aber Sie haben schon verdammt viel auf dem Kerbholz. Und diesmal werden mindestens drei Leute bezeugen, daß es keine Notwehr gewesen ist. Mist. Warum haben Sie sich nicht versichert, daß Ihnen niemand zusieht, wenn Sie schon das Gesetz in die eigene Hand nehmen? Nun, sei’s drum, ich werde Sie vorläufig vom Dienst suspendieren müssen.“
„Ja, Sir.“
„Es wird wahrscheinlich zu einem Gerichtsverfahren kommen. Aber es gibt eine Chance, daß wir Sie ein wenig rehabilitieren. Unser hochgeschätzter, neuer Gouverneur, dieses kleine Arschloch, hat sich im Zuge seiner geistigen Umnachtung diesen Schwachsinn mit
den 'privaten Verkehrskontrolleuren' einfallen lassen. Nun suchen Sie irgendwelche Vorzeige-Marionetten, um den Quatsch in der Öffentlichkeit breitzutreten. Ich sag‘ Ihnen was, Lovell. Sie machen für unseren Gouverneur den Hampelmann und sehe zu, was ich für Sie in dieser Dealer-Sache machen kann. Was halten Sie davon?“
„Einverstanden, Sir. Ich bin dabei.“
„Sagen Sie, Lovell, Sie haben doch einen Bruder? Hat der irgendwas sinnvolles zu tun zur Zeit?“

*

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Um Sie davon zu überzeugen, daß es sich bei den vorgesehenen Kontrolleuren nicht um irgendwelche hergelaufenen, sondern ganz im Gegenteil, um ehrliche und verantwortungsvolle Bürger handelt, habe ich Ihnen die ersten beiden offiziellen 'privaten Verkehrskontrolleure' des Staates Texas mitgebracht. Beide haben heute Morgen in einer kleinen Zeremonie ihre Lizenz bekommen.“

Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir die Gebrüder David und Jeremy Lovell.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Applaus. Gast 2 und 3, Großaufnahme (Kamera 4). Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Herzlich willkommen in unserer Show. Ich denke, die Zuschauer sind sehr neugierig, wer Ihnen demnächst ihre Strafzettel ausstellen wird.“

Gelächter.

„Deswegen habe ich ein paar Fragen an Sie beide. Zunächst einmal, warum haben Sie sich zu diesem Projekt gemeldet?“

Gast 2, Großaufnahme (Kamera 4).

„Nun, Mrs. Holland, dieses Projekt stellt in unseren Augen eine vernünftige und kostensparende Alternative zur herkömmlichen Verkehrsüberwachung dar. Jeder ehrliche Bürger sollte von selbst in der Lage sein, andere auf ihr gesellschaftsschädliches Verhalten aufmerksam zu machen und gegebenenfalls einzuschreiten. Wir tun also nichts weiter, als diese Bürgerpflicht in erweitertem Rahmen auszuüben und das Grundbedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit so gut wie möglich zu erfüllen. Dazu kommt natürlich noch, daß man sich damit einen Teil seines Lebensunterhaltes finanzieren kann. Wir hoffen also auch, daß nicht alle Autofahrer im Anschluß an diese Sendung zu Engeln des Straßenverkehrs werden, obwohl dies natürlich das langfristige Ziel darstellt.“

Gelächter. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Mr. Lovell, ich hatte vorhin bereits die Befürchtung geäußert, daß die Qualifikation der 'privaten Kontrolleure' eventuell nicht den Anforderungen gewachsen sein könnte. Ich sehe hier auf meinem Zettel, daß Sie ein Polizist im vorläufigen Ruhestand sind. Bei Ihnen wären diese Ängste wahrscheinlich überflüssig.“

Kameraschwenk, Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Wenn ich mich an dieser Stelle einschalten dürfte, Mrs. Holland, Mr. Lovell wurde auf Grund von leichten gesundheitlichen Schwierigkeiten in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Nichtsdestotrotz ist er für die geforderte Aufgabe natürlich bestens qualifiziert. Seine bisherige Berufserfahrung, sein täglicher Umgang mit Menschen und die gewaltfreie Lösung von Konfliktsituationen machen ihn zu einer vorbildlich geeigneten Person. Seine gesundheitliche Einschränkung spielt bei der Bearbeitung dieser Bagatellverstöße keine Rolle. Nur solche Menschen mit ähnlicher sozialer Kompetenz wie er werden von uns die Lizenz zum 'privaten Verkehrskontrolleur' bekommen.“

Applaus.

*

David sprang gleichzeitig mit Jeremy aus dem Wagen. Während ihm sein jüngerer Bruder mit der Pistole im Anschlag Deckung gab, näherte er sich der Fahrerseite des vor ihm zum Stillstand gekommenen Fahrzeugs. Der Fahrer kurbelte das Fenster herunter.
„Ja, was ist? Warum zwingen Sie mich, anzuhalten?“
David fuchtelte mit seiner Lizenz vor den Augen des Fahrers.
„Private Verkehrskontrolle. Sie haben da hinten eine rote Ampel überfahren. Ich werde Ihnen dafür einen Bußgeldbescheid ausstellen. Ihre Fahrzeugpapiere, bitte.“
Der Fahrer gab sie ihm ohne Verzögerung.
David sah angestrengt ins Innere des Autos, während er das Bild auf dem Führerschein betrachtete.
„Auch das noch.“ Er drehte sich zu Jeremy und spie aus. „Ein Nigger.“
Dem dunkelhäutigen Fahrer trat der Schweiß auf die Stirn.
„Was..., was wird das kosten, Sir?“ fragte er ängstlich.
Nachdenklich nickend sagte David:
„Nun, normalerweise kostet sowas 30 Dollar. Aber weil Du ein verfluchter, dreckiger Nigger bist und Widerstand leistest, wird es wohl etwas teurer.“
„Aber Sir, ich...“
„Siehst Du, Du bist einfach nicht kooperativ !“
Davids Hand glitt durch die geöffnete Fensterscheibe und betätigte den Türöffner. Er riß die Tür auf und zog den vor Angst zitternden Mann am Jackenaufschlag aus dem Wagen. Ein Tritt mit dem Knie in den Unterleib und der Fahrer krümmte sich zusammen. Dann zog er den jammernden Mann hoch, drehte ihn um, knallte seinen Oberkörper auf das Wagendach und drehte ihm den rechten Arm nach hinten.
Jeremy gluckste.
„Hör zu, schwarzes Schwein ! Ich werde Dir einen offiziellen Strafbefehl über 100 Dollar ausstellen. Mehr geht nicht für eine Rote Ampel. Du wirst aber nur vor uns Ruhe haben, wenn Du uns 2000 Dollar rüberschiebst !“
Der Mann stöhnte auf.
David bog den Arm etwas weiter, bis der Fahrer aufschrie.
„Natürlich hast Du soviel Geld nicht dabei. Ich nehme mir jetzt alles, was Du mit hast, aus Deiner Tasche. Den Rest wirst Du uns morgen hier um die gleiche Zeit vorbeibringen, kapiert?“
„Soviel... soviel Geld kann ich unmöglich bis morgen auftreiben.“
„Dein Problem. Morgen, hier, gleiche Uhrzeit. Wenn Du nicht kommst...., nun, wir kennen ja Deine Adresse. Und Du hast zwei so hübsche Kinder. Wäre doch schade, wenn denen was passieren würde, oder? Noch dazu haben wir Dein Foto, wie Du über die rote Ampel fährst. Sollen wir das mal richtig ausschlachten? Dein Arbeitgeber könnte sich dafür interessieren, meinst Du nicht auch? Also, gib mir die Kohle und bring‘ morgen den Rest. Und wehe, Du verlierst ein Sterbenswörtchen über diese Geschichte. Denk‘ an die möglichen Folgen.“
Er ließ den Fahrer so los, daß dieser an seine Tasche kam.
„Lumpige 70 Dollar? Bist kein reicher Mann, eh?“
„Nein, ich...“
„Halt‘ die Fresse. Morgen den Rest, genau 1930 Dollar. Und jetzt warte, ich schreib‘ Dir die offizielle Quittung. Damit Du Dich nicht langweilst, nimm das hier...“
Es folgte ein erneuter Tritt in den Unterleib, so daß der Fahrer stöhnend auf allen Vieren auf dem Fahrbahnrand kauerte.
David riß den Papierfetzen vom Block und schob ihn dem am Boden knienden Mann unter den Hemdkragen.
„Bis dann, Drecksack. Bestell‘ deiner Frau schöne Grüße. Bis morgen.“
Als er gleichzeitig mit Jeremy wieder in den eigenen Wagen einstieg, murmelte er:
„Ich mag sie einfach nicht, diese Nigger.“
Jeremy gluckste wieder.

*

Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Mr. Hutchins, sie haben vorhin erwähnt, daß die 'privaten Verkehrskontrolleure' mit modifizierter Polizeitechnik ausgestattet werden würden. Was genau kann man sich darunter vorstellen?“

Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Es geht dabei natürlich um die Gerätschaften, die jeder normale Verkehrspolizist in seinem Wagen bei sich hat: Fotoapparat, Geschwindigkeitsmesser, Alkoholtestgerät. Zusätzlich, sozusagen als Sicherheitskomponente zur Vertrauensbildung in die 'privaten Verkehrskontrolleure', werden alle erfaßten Verkehrsverstöße aufgezeichnet. Im Streitfall kann man dann nachträglich das Einschreiten der Kontrolleure von einer neutralen Instanz prüfen lassen. Ich möchte noch einmal betonen, daß dieser Personenkreis auch in Zukunft nur aus ausgewählten Personen bestehen wird, denen wir es zutrauen, mit unseren Bürgern vernünftig umzugehen. Dennoch verhindert die Aufzeichnung auch die letzte Möglichkeit der Manipulation.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Applaus. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Mr. Lovell, werden Sie bei Ihren Einsätzen Waffen tragen?“

Gast 2, Großaufnahme (Kamera 4).

„Leider, Mrs. Holland, leider ja. Natürlich geht es im Grunde nur um harmlose Verkehrsdelikte. Aber wir wissen ja, auch durch eigene Erfahrungen des alltäglichen Lebens, daß nicht jeder, dem man berechtigterweise einen Gesetzesverstoß vorwirft, sich entsprechend verhält. Wir werden es wohl auch ab und zu mit etwas aggressiveren Charakteren zu tun bekommen. Die Waffen werden wir natürlich nur zum Selbstschutz anwenden, wenn es gar nicht mehr anders geht.“

Kameraschwenk, Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Ich darf dazu erwähnen, daß alle 'privaten Verkehrskontrolleure' selbstverständlich einen staatlich ausgestellten Waffenschein besitzen müssen. Bei Mr. Lovell ist dies natürlich auf Grund seines beruflichen Werdegangs der Fall.“

*

„Wir kriegen ihn ! Wir kriegen ihn !“
Jeremy wippte in seinem Sitz vor und zurück. Seine Augen waren aufgerissen, Speichel tropfte aus seinem Mund.
„Bleib ruhig und hol‘ das Gewehr raus. Noch ist er zwei Meilen unter der Höchstgeschwindigkeit.“
David’s Blick zuckte immer wieder zum Geschwindigkeitsmeßgerät herüber, während er versuchte, den vor ihm fahrenden Wagen im Auge zu behalten.
„Noch eine Meile drunter. Mach Dich bereit.“
Kurze Zeit später.
„Jetzt ! Jetzt ! Er ist drüber. Wir haben ihn. Das Gerät speichert es ab, er ist zu schnell. Los, hol ihn Dir !“
Jeremy grinste.
„Du willst ihn nicht anhalten?“
„Der hat uns zu sehr geärgert. Los, mach‘ schon, bevor ich‘s mir anders überlege. Hier gibt‘s keine Zeugen. Wir biegen das nachher schon gerade.“
Wie ein wilder kurbelte Jeremy seine Seitenscheibe herunter, beugte sich hinaus und zielte mit dem Gewehr auf den vor ihnen dahinrasenden Wagen.
David schrie: “Nimm den Reifen, den Reifen“.
Fast zeitgleich mit dem Knall des Gewehrs brach das vorausfahrende Fahrzeug aus, schoß quer über die Fahrbahn, überschlug sich und kam irgendwo auf einem Feld auf dem Dach liegend zum halten.
Kurze Zeit später traten die Brüder Lovell an das Wrack. Jeremy riß die Tür auf. Der Fahrer hing kopfüber in seinem Gurt, blutüberströmt. Er stöhnte.
„Die Sau lebt noch. Jetzt wirst Du büßen, Du Arschloch.“
Und wie ein Besessener schlug er unaufhörlich mit dem Gewehrkolben auf den Kopf des wehrlosen Mannes ein.

*

Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Mr. Lovell, Sie haben gerade Ihre eigene Sicherheit angesprochen. Ist dies auch der Grund, warum eine 'private Verkehrskontrolle' immer aus mehr als einer Person bestehen wird?“

Gast 2, Großaufnahme (Kamera 4).

„Ja, das ist natürlich einer der Gründe. Jeder, der einmal in Schwierigkeiten geraten ist, kennt das beruhigende Gefühl, wenn da noch jemand ist, dem man vertrauen kann und der einem hilft.“

Kameraschwenk, Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Natürlich dient auch diese Maßnahme ganz nebenbei der Selbstkontrolle. Wenn ein 'privater Verkehrskontolleur' einmal nicht ganz im Sinne der staatlichen Gesetze handeln sollte, ist sofort noch jemand anderes da, der gegebenenfalls einschreiten kann.“

*

Jeremy sah mit geweiteten Augen zu David herüber.
„Mein Gott, hast Du die geile Schnecke gesehen? Oh Mann, was man mit der....“
„Halt‘ die Fresse und laß‘ mich nachdenken. Um diese Zeit fährt hier keine Sau. In 6 Meilen gibt es dieses kleine Wäldchen. Wenn man den Wagen an der richtigen Stelle der Straße anhält, könnte man alles weitere von der Straße ungesehen hinter den Bäumen durchziehen.“
Jeremy hechelte aufgeregt.
„Und dann? Sie wird uns doch Anzeigen und wiedererkennen?“
„Hm. Da müßten wir uns natürlich was einfallen lassen. Moment, warte. Der Wagen kommt von der Fahrbahn ab, prallt vor einen Baum und geht in Flammen auf. Leider verbrennt auch unsere unbekannte Schöne. Wir kommen leider zu spät, um noch rechtzeitig zu helfen. Ja, so geht’s, nur so.“
„Du willst Sie töten?“
„Es gibt keine andere Möglichkeit. Es sei denn, Du möchtest verzichten.“
Die Augen des Jüngeren glänzten.
„Nein. Nein, ich will Sie haben. Sie ist so schön....“
„Dann los. Ich werd‘ ordentlich Gas geben müssen, damit wir Sie bis dahin noch erreichen. Ab !“
Die ganze Zeit über hörte David seinen Bruder murmeln, während er in seinem Sitz vor und zurück wippte.
„Nutte ! Nutte ! Nutte !“
Kurz vor dem Wäldchen überholten Sie den anderen Wagen und winkten ihn auf den Seitenstreifen. Während David ausstieg, nestelte sich Jeremy ungeduldig die Hose auf.
„Was kann ich für Sie tun, mein Herr?“
„Ich bin von der Privaten Verkehrskontrolle, hier ist meine Lizenz. Mir ist da etwas an Ihrem Wagen aufgefallen. Könnten Sie bitte mal kurz aussteigen?“
Etwa eine Stunde später stieg eine Rauchsäule vom Rand des Wäldchens auf.

*

Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„So, meine Damen und Herren, ich glaube , wir haben das Thema nun recht erschöpfend behandelt. Unsere Sendezeit ist fast vorüber. Ich bedanke mich bei all meinen Gästen und natürlich beim Publikum.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Applaus. Moderatorin, Großaufnahme (Kamera 1).

„Das letzte Wort hat unser Gouverneur, Mr. Hutchins.“

Kameraschwenk, Gast 1, Großaufnahme (Kamera 3).

„Vielen Dank, Mrs. Holland, daß wir in Ihre Sendung kommen durften, um unser Anliegen klarzulegen. Ich hoffe, wir haben dazu beigetragen, dieses wichtige Projekt zu einem Erfolg zu machen. Und jeder, der hier und heute zugehört hat, wird mir zustimmen, daß die 'Private Verkehrskontrolle' in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung unserer Verkehrsgesetze beitragen wird.“

Kameraschwenk ins Publikum (Kamera 2). Applaus. Ende der Sendung. Licht aus.

*

„Hey, ist der bescheuert?“
David fluchte wie ein Rohrspatz, während er versuchte, den Wagen unter Kontrolle zu halten. Nur mühsam gelang es ihm, das Auto auf dem Seitenstreifen anzuhalten.
„Drängt uns ab, der Idiot. Dem reiß‘ ich den Arsch auf !“
Noch bevor er die Tür öffnen konnte, klirrte die Scheibe des Fahrerfensters und der Lauf einer doppelläufigen Flinte schob sich ins Wageninnere. Er zuckte zurück.
Jeremy hielt die Luft an.
„Was zur Hölle...“, fluchte David.
Ein irres Lachen.
„Private Verkehrskontrolle! Ihr wart etwas zu schnell unterwegs, Jungs.“
„Aber wir sind auch....“

Bäng! Bäng!
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Erst hielt ich es für einen Appell, die Umwelt durch weniger Individualverkehr (=Auto) zu erhalten. Dabei ist es eine "interessante" Geschichte, der ich nur zustimmen kann: Menschen können so sein ! Wieder eine sehr gute Story vom Meister !

Lord B. (27.09.2001)

Gut geschrieben und mit Sicherheit nicht unmöglich, wenn man den Menschen die Möglcihekit geben würde...

Lea (23.06.2001)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Apokalypse artificiosa  
Henman-Peterson 180  
Rendezvous  
Unvernunft  
Der Windschiffer  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De