Lillia Glocke war klein, gerade einmal eine ganze menschliche Handlänge war sie groß. Aber für ihresgleichen war das ja ganz normal, schließlich war sie eine Blumenfee.
Blumenfeen sind am und für sich ganz hübsche, zartgliedrige, bunte Dinger. Eben einfach schön anzusehen, wie zum Beispiel Schmetterlinge und ebenso bunt. Für jede Blume auf der Welt gibt es eine Art Blumenfee und die Angehörigen dieser speziellen Blumenfeengattung sehen immer ein klein wenig aus, wie die Blume oder Blüte, um die sie sich kümmern.
Genau das war aber auch Lillias Problem, sie hatte keine Blume oder Blüte zum kümmern und schlimmer noch, sie war GRÜN!
Ein klein wenig Grün war für Blumenfeen nicht ungewöhnlich, aber Lillia war es beinahe gänzlich. Ihr Haar war grün, ihre Haut hatte einen zartgrünen Schimmer, ihr Kleid war Grün und selbst ihre Flügel hatten diese Farbe. Klar hatte sie verschieden Schattierungen von Grün und stellenweise spielte ihre Farbe beinnahe ins Türkise, aber nichtsdestotrotz blieb Lillia eines, nämlich Grün.
Just dieses Aussehen machte die kleine, junge Blumenfee zur Außenseiterin in der Blumenfeenschule. Schließlich hatten Blumenfeen bunt zu sein. Waldfeen, Kräuterfeen und Buschfeen und Gräserfeen waren grün, aber nicht Blumenfeen. Doch Lillia gehörte nicht zu diesen Rassen, schließlich hatte sie die Schmetterlingsflügel der Blumenfeen. Die Flügelformen der anderen Feenarten wichen von dieser Form ab, so hatten Waldfeen viel schmalere Flügel, Gräserfeen sehr lange und Kräuterfeen sahen generell ein wenig wie Hummeln oder Bienen aus.
Aber Lilliah hatte Schmetterlingsflügel, sie war eindeutig eine Blumenfee. Eine grüne Blumenfee!
Es gab auch keine Blume, um die sie sich kümmern konnte. Selbige hätte ja winzigkleine weiße Blüten haben müssen. Wie sähe DAS denn aus?!
Entsprechend wurde die kleine Fee von ihren Klassenkammeraden gehänselt.
Die arme Lillia! Was hättet ihr denn getan?
Lillia jedenfalls sondert sich von all den anderen ab und versteckte sich am Ende nur noch im Schatten. Der Frühling kam und alle ihre Klassenkammeraden bekamen plötzlich sehr viel zu tun, nur sie eben nicht. Also streifte die kleine, grüne Blumenfee ziellos herum und verbarg sich vor den anderen Feen, wenn diese ihren Weg kreuzten. So geriet Lillia auch einmal in eine Brennnessel, wo sie eine kleine Raupe kennenlernte. Marrisa war ihr Name und Lillia fand sie nett. Die Raupe war erfreut über die Gesellschaft und sie fand auch nichts dabei, dass die Fee gänzlich grün war. Schließlich war die Raupe ja selber grün und die Farbe war ja nicht schlecht. Von da an kam Lillia jeden Tag zur Raupe Marissa und unterhielt sich mit dem Insekt. Für ein solches war die Raupe sehr, sehr klug. Aber sie war eben eine Raupe und so fraß sie ununterbrochen und wurde dabei immer größer und dicker. Das änderte aber nichts an ihrer Freundschaft, doch eines Tages, da war Marissa ganz seltsam. So müde und zugleich umtriebig hatte Lilla ihre Raupenfreundin noch nie gesehen. Sie machte sich richtige Sogen um die Raupe, doch diese lächelte nur über die kleine, aufgebrachte Blumenfee.
“Hab doch keine Angst,” meinte Marissa, “es ist ein Wunder und du meine Freundin darfst es miterleben. Jede Raupe wird einmal zum Schmetterling und meine Zeit ist nun gekommen. Aber das dauert ein wenig und darum verwandle ich mich jetzt erst einmal in eine Puppe”
Marissa lächelte die Blumenfee beruhigend an.
“Wir werden einige Zeit lang nicht miteinander reden können, aber wenn wir uns wiedersehen, dann meine Freundin tanzen wir zusammen auf dem Sommerwind.”
Die Raupe strahlte solche Zuversicht und stille Freude aus, so dass auch Lillia wieder ein wenig ruhiger wurde. Sie vertraute ihrer Freundin und lies sie gehen und sah zu, wie sich die Raupe zu einer Puppe verwandelte und dann still war. Vorsichtig näherte sie sich dem Gebilde und strich schließlich mit zarten Händen über die feste Hülle. In der Hoffnung, dass ihre Freundin im Inneren sie noch hören könnte versprach Lillia, dass sie jeden Tag vorbeikommen würde. Dann verließ sie schweren Herzens die Brennnessel und stellte sich erneut der Welt.
Natürlich waren die anderen Blumenfeen nicht besser zu ihr, aber sie hatte sich die stille Gelassenheit der Raupe angeeignet und auch wenn die anderen sie nie wirklich annahmen, so ließen sie die kleine grüne Fee schließlich doch in Ruhe. Zudem kam hinzu, dass Lillia einen neuen Lieblingsort entdeckt hatte. Am Rande der tiefen, kühlschattigen Wälder. Dort gab es zwar auch Feen und zwar Waldfeen, aber die waren längst nicht so hochmütig zu der kleinen, grünen Blumenfee, wie die Wiesenbewohner.
Aber Lillia hielt auch ihr Versprechen und sah jeden Morgen und jeden Abend nach Marissa in ihrer Puppe. So vergingen Tage und Wochen.
Und dann, eines Tages, da klopfte schon der Sommer an die Türe, da kam plötzlich Bewegung in die starre Hülle, in der Marissa steckte und bevor sich Lillia versah, da war die Freundin geschlüpft. Es dauerte geraume Zeit, bis dass Marissa ihre Flügel, die noch recht verknittert waren aufgepumpt und getrocknet hatte, aber schon jetzt konnte die kleine Blumenfee wieder mit ihrer Freundin sprechen.
Alsbald aber waren Marrisas Flügel gänzlich trocken und zum ersten Mal in ihrem Leben flog sie.
Oh welche Freude das war und Lillia, die war natürlich dabei.
Von da an hatten die beiden mächtig viel Spaß und erlebten viele Abenteuer.